Sacajawea: Die indianische Volksheldin Geschrieben am Mittwoch, 16. November 2005 von Administrator Leseprobe aus "Superfrauen: 14 Bücher auf einer CD-ROM" von Ernst Probst:



Die berühmteste weibliche Teilnehmerin an der legendären Lewis-und-Clark-Expedition von 1804 bis 1806, die den fernen Wilden Westen erschloss, war die Shoshonen-Indianerin Sacajawea (1787–1884), nach anderer Schreibweise auch Sacagawea oder Sakakawea. Durch die Berichte über dieses Unternehmen wurde sie zu einer wahren Volksheldin und beliebten indianischen Folklorefigur.



Sacajawea kam 1787 als Tochter eines Shoshonen-Häuptlings zur Welt. Der Begriff „Sho-Sho-ni“ bedeutete bei den Nachbarstämmen soviel wie „Grashüttenbewohner“. Die von den Weißen geprägte Bezeichnung „Snake“ („Schlangen“) für die Shoshonen hat nichts mit Reptilien zu tun, sondern bezog sich auf die „Schlangenlinien“ ihrer Zeichensprache, mit der sie sich selbst meinten.

Der Name Sacajawea heißt entweder „Vogelfrau“ oder „Die Frau, die das Kanu zu Wasser bringt“. Mit zwölf Jahren geriet sie in die Gefangenschaft der Hidatsa, einem Stamm der Sioux-Sprachfamilie, die sie in ihr Dorf am oberen Missouri mitnahmen. Zusammen mit einem anderen gefangenen Mädchen kaufte sie der franko-kanadische Trapper Toussaint Charbonneau (1759–1843) von den Hidatsa und nahm sie zur Frau.

1803 veräußerte der französische Kaiser Napoléon I. (1769–1821) für 15 Millionen US-Dollar Louisiana an die USA. Durch diese als „Louisiana Purchase“ bezeichnete Transaktion wuchs das damalige Gebiet der USA um etwa 140 Prozent. Nach dem Erwerb Louisianas veranlasste Jefferson eine Entdeckungsreise, die nach ihren Führern, Hauptmann Meriwether Lewis (1774–1809) und Leutnant William Clark (1770–1838), als Lewis-and-Clark-Expedition in die Geschichte der USA einging.

Jefferson umriss die Aufgabe der Entdeckungsreise in einer geheimen Botschaft: „Das Ziel der Expedition ist es, den Missourifluss zu erforschen und festzustellen, ob er in seinem Hauptverlauf und in seinen Verbindungen mit den Wassern des Pazifischen Ozeans die direkteste und praktischste Kommunikation über diesen Kontinent erlaubt, zum Zwecke von Handel und Kommerz.“

Im Mai 1804 startete die Expedition in Saint Louis (Missouri) und fuhr den Missouri aufwärts. Im November jenes Jahres verpflichteten Lewis und Clark in Fort Mandan, wo sie den Winter verbrachten, den Trapper Toussaint Charbonneau als Scout (Kundschafter). Die Expeditionsführer waren damit einverstanden, dass die 17-jährige schwangere Sacajawea sie begleiten sollte. Von der jungen Indianerin, die die Sprache der Shoshonen und Hidatsa beherrschte, versprachen sie sich wertvolle Dolmetscherdienste.

Als Sacajawea stark unter Wehenschmerzen litt, verabreichte ihr Expeditionsleiter Lewis gemahlene Klapperschlangen. Am 11. Februar 1805 brachte Sacajawea in Fort Mandan ihren Sohn Jean Baptiste Charbonneau (1805–1866) zur Welt. Expeditionsleiter Clark gab dem Kleinen, der später auf der Weiterreise mitgenommen wurde, den Spitznamen „Pomp“ oder „Pompy“.

Beim Feilschen mit einer Gruppe von Shoshonen um 30 Pferde für den Treck über die Rocky Mountains traf die dolmetschende Sacajawea unverhofft ihren älteren Bruder Cameahwait wieder, der nach dem Tod ihres Vaters neuer Häuptling geworden war. Tief gerührt über das Wiedersehen wollte Sacajawea zunächst zu ihren Leuten zurückkehren, blieb dann aber doch bei den Forschungsreisenden.

Die Expedition fuhr den Clearwater River, Snake River und Columbia River hinunter und gelangte schließlich zum Pazifik, wo sie Fort Clatsop errichteten und überwinterten. Am Strand des Pazifiks schnitzte William Clark in eine Pinie die Inschrift: „December 3, 1805 – By Land from the U. States in 1804 & 1805“.

Auf der Rückreise trennten sich die Expeditionsteilnehmer: Lewis befuhr den Marias River und Clark den Yellowstone River. Sacajawea und Charbonneau verabschiedeten sich in einem Hidatsa-Dorf am oberen Missouri von der Expedition. Lewis und Clark kehrten im September 1806 nach St. Louis zurück. Ihre gut dokumentierte Expedition öffnete neue Territorien für die USA. 1807 wurde Lewis Gouverneur von Louisiana.

Durch die Berichte über die Lewis-and-Clark-Expedition wurde – neben deren weißen Führern – auch die Indianerin Sacajawea berühmt. Die Expedition hatte 4000 Meilen großteils noch unerforschten Landes durchquert und war gefährlichen Grizzlybären und feindlich gesinnten Indianern begegnet. Dabei gewann man wertvolle Erkenntnisse über Geographie, Flora, Fauna und Bevölkerung.

Trotz ihres Ruhms liegt das weitere Schicksal von Sacajawea im Dunkeln. Fest steht nur: Eine der zwei indianischen Frauen des Trappers Charbonneau fand am 20. Dezember 1812 in Fort Manuel (South Dakota) bei einer Epidemie den Tod. Ob es sich dabei um Sacajawea handelte oder nicht, ist unklar.

Auf Einladung von William Clark reisten Charbonneau – und vielleicht auch Sacajawea – zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt nach St. Louis (Missouri), wo ihr geliebter Sohn Baptiste bei Clark aufwuchs. Offenbar hoffte Clark, auch „Pompys“ Vater würde sich in St. Louis ansiedeln, doch Charbonneau kehrte zum Fallenstellen zurück und ließ seinen Sohn in Clarks Obhut.

Charbonneau arbeitete für die amerikanische Pelzgesellschaft und begleitete später Prinz Maximilian zu Wied (1782–1867) auf der Expedition, die 1833 den schweizerischen Maler Karl Bodmer (1809–1893) zum oberen Missouri brachte. Sacajawea soll sich angeblich wieder den Soshonen angeschlossen und mit ihnen in der Wind River Indian Reservation (Wyoming) gelebt haben.

Sacajaweas Sohn Baptiste wurde ein berühmter Reiseführer. Er beherrschte nicht nur Indianersprachen, sondern auch Englisch, Französisch, Deutsch und Spanisch. Jean Baptiste erlag am 16. Mai 1866 während einer Reise von Kalifornien nach Montana einer Lungenentzündung. Er wurde bei Danner in Oregon begraben.

Am 4. April 1884 starb bei Fort Washakie (Wyoming) eine alte Indianerin, die erzählte, Sacajawea zu sein. Diese Behauptung erschien durch ihre genaue Kenntnis der Lewis- and Clark-Expedition glaubhaft.

Nach der Shoshonen-Indianerin Sacajawea wurden ein Berg, ein Fluss und ein Pass benannt. Keiner anderen Amerikanerin – gleich welcher Hautfarbe – hat man mehr Denkmäler (Foto) errichtet als ihr. In dem Film „The Far Horizons“ (1955) wurde Sacajawea von der amerikanischen Schauspielerin Donna Reed sympathisch dargestellt.

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