Berliner Umschau: Guido Westerwelle will FDP als „die Opposition Geschrieben am Montag, 29. Mai 2006 von Administrator Es war einmal eine Umfallerpartei. Die hieß FDP und wollte seit Existenzbeginn eigentlich immer eines: Mitregieren. So kommentiert die internetbasierte Tageszeitung "Berliner Umschau" (www.berlinerumschau.de) den Bundesparteitag der FDP am vergangenen Wochenende. Das will sie natürlich auch noch heute, doch Guido Westerwelle. Nunmehr der unbestrittene alleinige Chef seiner Partei, hat diesbezüglich eine Kurskorrektur eingeleitet, die man ihm tatsächlich abnehmen kann.

Wichtiger als die Regierungstätigkeit selbst ist ihm jetzt sein Programm, das man als bewußte neoliberale Modernisierungsstrategie bezeichnen kann. So versucht er die FDP als „die" Opposition gegen die „Koalition der Wahlverlierer" zu positionieren. Angesichts der ihre Identität suchenden Grünen und der neuen Linken, die sich mit ihrer Parteigründung sehr schwer tut, kein aussichtsloses Unterfangen.

Natürlich hat die FDP ihre Wahlziele bei der Bundestagswahl in keiner Weise erreicht. Diese waren nämlich - wonach es ja auch lange aussah - ganz auf den Regierungswechsel, mit der neoliberale „Reformkurs" beschleunigt und der Sozialabbau weiter getrieben werden sollte, abgestellt. Vorgesehen war natürlich auch, daß dieser Regierung die FDP angehören sollte. Insofern war die Enttäuschung - trotz des für die FDP guten Wahlergebnisses - die Grundstimmung nach der Wahl. Westerwelle mußte dem Rechnung tragen, als er das Resultat uminterpretierte und - nicht ganz zu unrecht - darauf hinwies, daß die anderen Parteien ihre Erfolge nur der Tatsache verdankten, daß sie vor der Wahl anders geredet hätten als danach.

Genüßlich konnte Westerwelle den Koalitionsparteien denn auch vorhalten, daß die SPD die Mehrwertsteuererhöhung vor der Wahl als „Merkelsteuer" verspottet habe, nur um sie im Koalitionsvertrag statt auf 2 Prozent auf deren drei anzuheben und die CDU jetzt auch eine sozialdemokratische Partei geworden sei. Er zitierte Glos-Aussagen und sezierte die Ungereimtheiten der Steuerreform. Bei seinen Ausführungen über die Besteuerung von Pferden lief er zu brillanter Form auf und brachte den Saal in Rostock zum Lachen. Der CDU warf er vor, statt eines vereinfachten Steuersystem, wie es Merz und im Wahlkampf Paul Kirchhof angeregt hatten, nun weiter zu wurschteln wie bisher. Bei den 660 Delegierten an der Ostsee, wo zum zweiten Mal seit der „Wende" ein FDP-Parteitag stattfand, kam das gut an.

Westerwelles strategisches Ziel war klar: die FDP gegen die „Zweckgemeinschaft der Wahlverlierer" als Speerspitze der Modernität, so wie sie in wirtschaftsliberalen kreisen verstanden wird, auszuweisen. Hauptthema natürlich nach wie vor die Wirtschaft, die von allen „bürokratischen Fesseln" befreit werden soll, die „Flexibilisierung des Arbeitsmarktes" (darin eingeschlossen die Auflösung der Bundesagentur für Arbeit, das Lieblingsthema seines Generalsekretärs Niebel), der Abbau der Bürokratie, Steuersenkungen usw. Westerwelle war dabei durchaus angriffslustig und erklärte auch durch Besetzung des Themas Umwelt „neue Wählerschichten" erschließen zu wollen, wobei er unverkennbar darauf abzielte, die verunsicherten Grünen auf ihrem ureigensten Gebiet angreifen zu wollen. Dabei dürfte ihm allerdings die angekündigte Verlängerung der Laufzeit der bestehenden Atomkraftwerke, deren Technologie er als Übergangstechnologie bezeichnete sowie der positive Bezug auf die Kernfusion noch einige Hindernisse in den Weg legen.

Teile der Medien spotteten, der Parteitag habe unter dem Motto „Guido gegen den Rest der Welt" gestanden. Das klingt zwar süffisant, doch für die Profilierung als Oppositionspartei kann es durchaus eine erfolgversprechende Strategie sein. Die große Koalition wird schon bald an ihre innen- wie außenpolitischen Grenzen stoßen und Westerwelle weiß bei seinen Vorstößen erhebliche Teile der CDU, die nur unter Vorbehalt hinter der Koalition und auch hinter Angela Merkel stehen, vor allem aber der Wirtschaft auf seiner Seite. Für diese ist der nächste neoliberale Schub nur aufgeschoben, nicht aber abgeblasen. Als deren politischer Speerspitze geriert sich Westerwelles FDP. Nicht die schlechteste Position.

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