Berliner Umschau: Gyanendra vor dem Sturz Geschrieben am Dienstag, 02. Mai 2006 von Administrator Zugeständnisse macht man aus einer Position der Stärke heraus. Andernfalls sind sie im besten Falle wirkungslos, oft sogar kontraproduktiv. So kommentiert die internetbasierte Tageszeitung "Berliner Umschau" die gegenwärtigen Ereignisse in Nepal. Diese alte und doch selten beherzigte Regel strategischen Handelns hat Nepals König Gyanendra kaum im Sinn gehabt, als er am vergangenen Freitag ein unzureichendes Angebot an die Opposition machte. Seine Regierungszeit neigt sich offenbar dem Ende zu - die Zukunft des Staates Nepal ist dabei offen.

Praktisch konnte sich Gyanendra nie wirklich im Amt festigen. An die Macht gekommen, nach der bis heute mysteriösen Ermordung seines Vorgängers und dessen Familie im Jahre 2001, blieb er in den vergangenen fünf Jahren in der Defensive. Dabei konnte er sich bislang auf die Karabiner von Polizei und Armee verlassen - wohl auch deshalb, weil deren kommendierende Köpfe von den seit 1990 kämpfenden maoistischen Rebellen wenig Gnade zu erwarten hätten. Bereits die Wiedereinführung der absoluten Monarchie vor etwas über einem Jahr war, in diesem Zusammenhang, der verzweifelte Versuch, das Heft wieder in die Hand zu bekommen. Er ist nicht gelungen.

Dabei schien der größte Vorteil der Feudalmonarchie im Himalajastaat bislang, so paradox es klingt, die Opposition zu sein, die den König brauchte. Militärisch sind die Maoisten längst stark genug, um den verbliebenen Teil des Landes - vor allem die Hauptstadtregion und einige Ballungszentren - einzunehmen. Wo sie operieren, treten sie gemeinhin nicht als Waldguerilla auf, sondern haben praktisch regulär die Regierungsgewalt übernommen und ein staatliches Verwaltungssystem etabliert. Im Grunde gibt es den nepalesischen Staat in seiner offiziellen Form gar nicht mehr: es sind zwei Staaten, ein größerer, von den Maoisten regierter, und ein kleinerer, monarchischer Reststaat; beide mit fließenden Grenzen.

Der bekannte Unbekannte dabei ist der südliche Nachbar Indien, dessen Hegemonialanspruch auf die Region - und wohl langfristig darüber hinaus - kein Geheimnis mehr ist. Von seinem Selbstverständnis zählt Neu-Dehli Nepal zu seinem Einflußbereich, in dem es auch besondere Ordnungsaufgaben durchführt, wenn es im eigenen Interesse ist. Gerüchte, Indien wolle Nepal das Schicksal Sikkims - also die "Aufnahme in den Staatenverband" - angedeihen lassen, gab es in den letzten Jahren bereits und sie dürften nicht aus der Luft gegriffen sein. Sollte sich in Kathmandu offiziell eine maoistische Regierung etablieren, so wäre der Anlaß wohl gegeben.

Das mag der Grund gewesen sein, aus dem sich die Rebellen vor einem halben Jahr mit der Opposition in den Königsgebieten verbunden hatten und jetzt offenbar abgestimmt mit ihnen handeln. Verfolgt man die Äußerungen indischer Spitzenpolitiker, so würde Neu-Dehli eine Machtübernahme der republikanischen Opposition begrüßen, wenigstens. Mit der "internationalen Gemeinschaft" scheint dies - darauf deuten die Geheimverhandlungen des Wochenendes und das Kopfnicken Washingtons hin - ebenfalls abgesprochen sein. Wie die Beteiligten anschließend ihre Interessen abstecken - etwa durch eine Aufteilung der verschiedenen Verwaltungsebenen, oder, wie praktisch bislang, territorial - wird sich noch zeigen.

Für den König ist dabei offensichtlich kein Platz mehr. Noch steht die Armee zu ihm - auch, weil ihr bisher niemand eine Alternative bot. Das wird sich vermutlich in den nächsten Tagen ändern; und sei es, in Geheimgesprächen, von denen die Öffentlichkeit erst später oder gar nicht informiert wird. Mag sein, daß Gyanendras Sohn oder ein anderes Mitglied der Königsfamilie formal Staatsoberhaupt bleibt. Mehr aber nicht.

Die internetbasierte Tageszeitung Berliner Umschau (www.berlinerumschau.de) ging aus der seit 1999 erschienenen Nachrichtenseite rbi-aktuell hervorgegangen. Sie berichtet Montag bis Sonnabend mit einem breiten redaktionellen Teil, sowie rund um die Uhr mit einem agenturgestützten Nachrichtendienst. Eine Originaltextangebot, sowie ein Serviceteil runden das vollständig kostenlose Angebot ab.

Kontakt:
Martin Müller-Mertens
Berliner Umschau Ltd.
Gaudystr. 6
10437 Berlin
www.berlinerumschau.de
redaktion@berlinerumschau.de
Tel.: 030 / 47 71 591


Aktuelle News:
Hier erhalten Sie einen aktuellen Überblick über die Schlagzeilen der deutschen Medien. Stündlich aktualisiert
  • Internet
  • Gesundheit
  • Nachrichten
  • Recht
  • Umwelt
  • Sonstiges
  • Börse
  • Handy
  • Politik
  • Software
  • Wirtschaft
  • Wissenschaft
  • Web-Verzeichnis:
    Dies ist eine umfassende Business-Suchmaschiene für Unternehmer aus dem Mittelstand.
    lupe Seite anmelden | Live-Suche
    Suche in:  

    Unternehmens-Software:
    Hier ist die Marktübersicht mit detaillierten Informationen über betriebliche Softwareprodukte, Branchensoftware, Standard- und Systemsoftware, technisch-wissenschaftliche Programme mit Herstellerinformation und Bezugsquellen.

    Berliner Umschau: Gyanendra vor dem Sturz

    Keine anonymen Kommentare möglich, bitte zuerst anmelden

    Für den Inhalt der Kommentare sind die Verfasser verantwortlich.