1.1 Problemstellung und Zielsetzung <br>
Eine Neuorientierung der wirtschaftlichen M�rkte bestimmt die Entwicklungsperspektiven neuer Tourismusarten. Auf der Angebotsseite dr�ngen immer mehr Anbieter und Produkte auf den Markt, die um die Kunden konkurrieren. Auf der Nachfrageseite sind S�ttigungstendenzen sowie ein gestiegener Anspruch an das Produkt bzw. die Dienstleistung zu beobachten. Es hat ein Wandel vom Verk�ufer- zum K�ufermarkt stattgefunden, dem sich auch die Tourismusbranche nicht entziehen kann. Insbesondere strukturschwache Regionen, meist l�ndliche und wirtschaftlich m��ig entwickelte Gebiete, haben es schwer, sich auf einem durch aggressiven Verdr�ngungswettbewerb gepr�gten Tourismusmarkt zu behaupten. R�ckl�ufige G�stezahlen und ein aufgrund unzureichender Infrastruktur beschr�nktes touristisches Angebot sind die Probleme, mit denen sich vor allem l�ndliche Regionen auseinandersetzen m�ssen. Eine klare und einmalige Profilierung des touristischen Angebots nach au�en mu� daher gegeben sein, um sich als Urlaubsregion gegen�ber den Konkurrenten besonders attraktiv im Markt zu positionieren. Die marketingstrategische Grundaufgabe ist das Erkennen einer Unique Selling Proposition (USP), eines Alleinstellungsmerkmals, wozu der Aufbau, der Ausbau oder die Erhaltung bestimmter �berlegender F�higkeiten gegen�ber den Mitwettbewerbern z�hlen (vgl. FREYER 1997, S. 362 f.). Im Tourismus geh�rt neben �harten“ Faktoren wie z.B. der naturr�umlichen Ausstattung mit Wasser, Landschaft und Bauwerken auch �weiche“ Faktoren, zu denen Gastfreundschaft, Tourismusbewu�tsein und die Qualit�t der Dienstleistung z�hlen (s. STEINECKE U.A. 1996, S. 92), zu den Wettbewerbsvorteilen von Destinationen. <p> Am Beispiel der norddeutschen Binnenregion Mittelholstein zeigt die vorliegende Arbeit auf, ob und wie sich eine strukturschwache Region mittels einer den Reisetrends entsprechenden Urlaubsform am Markt etablieren kann. Insbesondere der Trend zur naturnahen Erholung gibt l�ndlichen Gebieten die Chance, umweltnahe Tourismusformen aufzubauen. Eine dieser urspr�nglichen Reiseformen ist die geruhsame, zwei bis mehrere Tage oder Wochen dauernde Reise zu Pferd, das Wanderreiten. Es verbindet Naturerlebnis und aktive Freizeitgestaltung mit einer einfachen Art des Reisens und entspricht daher besonders den aktuellen Bed�rfnissen (vgl. F.U.R. RA 99). Die Nachfrage nach Wanderreiten wird bisher fast ausschlie�lich durch Auslandsangebote z.B. aus Frankreich, �sterreich oder Spanien befriedigt. In Deutschland stellt der Reittourismus noch einen relativ jungen, jedoch schnell wachsenden Markt dar. Ziel dieser Untersuchung ist die Bewertung des Wanderreitens als neue touristische Angebotsform f�r Mittelholstein. Eine umfassende Potentialanalyse der nat�rlichen und abgeleiteten Ausstattung ermittelt die gegenw�rtige Position des Untersuchungsgebiets und soll darstellen, welche Chancen und Risiken f�r eine l�ndliche Region mit dem Aufbau dieses Tourismussegments verbunden sind. <p>
1.2 Aufbau der Arbeit <br>
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in f�nf systematisch aufeinander aufgebaute Abschnitte. Nach diesem thematischen Einstieg, der eine r�umliche Einordnung des Untersuchungsgebiets einschlie�t, erfolgt in Kapitel 2 eine Bestandsaufnahme des Tourismus in Mittelholstein. Um die Entwicklungsm�glichkeiten f�r ein neues touristisches Produkt in einer Urlaubsregion absch�tzen zu k�nnen, ist es im Vorfeld von Bedeutung, ein touristisches Profil des Untersuchungsgebiets aufzustellen. Unter einem touristischen Profil ist ein L�ngsschnitt des Fremdenverkehrs zu verstehen, der Angebot und Nachfrage umfa�t. Diese Methode der Analysephase hat das Ziel, das eigene Angebot im Vergleich zu anderen Angeboten einzuordnen, wobei die eigene Position immer wieder in Relation zur Konkurrenz oder zur Nachfrage gesetzt wird (vgl. FREYER 1997, S. 396). Dazu ist es notwendig, zun�chst allgemeine Trends im Tourismus aufzuzeigen, mit Hilfe derer das gegenw�rtige Kundenverhalten analysiert und neue Angebotsformen abgeleitet werden. Ausgehend von einer komprimierten Situationsanalyse des Tourismus in Schleswig-Holstein sollen das touristische Angebot sowie die Nachfrage in Mittelholstein im einzelnen n�her untersucht werden. Abschlie�end wird die Bedeutung des Tourismus im Untersuchungsgebiet im Vergleich zum Land Schleswig-Holstein mittels einer deduktiven Vorgehensweise abgesch�tzt. <p> Kapitel 3 befa�t sich eingehend mit dem Wanderreit-Tourismus samt seiner Organisationsstruktur und versucht, das Marktsegment in die touristische Landschaft einzuordnen. In diesem Zusammenhang werden m�gliche Zielgruppen sowie Angebotselemente einschlie�lich der Konfliktpotentiale dieses Tourismuszweiges er�rtert. Im Rahmen einer Konkurrenzanalyse werden gelungene Wanderreitgebiete in �sterreich vorgestellt. Durch die Analyse der Aktivit�ten der Mitwettbewerber k�nnen Hinweise auf die eigenen St�rken und Schw�chen sowie auf das vorhandene Kundenpotential gewonnen werden. Es werden m�gliche Erfolgsfaktoren f�r das Wanderreiten in �sterreich herausgearbeitet, die deduktiv auf das Untersuchungsgebiet �bertragbar sind. Die infrastrukturellen Voraussetzungen f�r den Wanderreit-Tourismus in Mittelholstein sind Gegenstand des 4. Kapitels. Neben nat�rlichen und organisatorischen Potentialen bildet eine Angebotsanalyse den Kernpunkt dieses Abschnitts. 34 Beherbergungsbetriebe wurden zu diesem Zweck mittels einer empirischen Untersuchung in Bezug auf ihre Eignung als Relaisstationen gepr�ft. Die Art der Unterkunft, Serviceangebote, Ausreitbedingungen sowie die Einsch�tzung von Problemen und Chancen des Wanderreit-Tourismus in Mittelholstein bilden Schwerpunkte bei der Pr�sentation der Ergebnisse. <p> Die gewonnenen Daten bilden die Grundlage f�r die Bewertung des Untersuchungsgebiets als Reitregion im Abschlu�kapitel. Ausgehend von einem St�rken-Schw�chen-Profil werden Risiko- und Chancenpotentiale aufgedeckt sowie konkrete Umsetzungsempfehlungen zum Aufbau des neuen Tourismuselements in Mittelholstein gegeben. Der gegenw�rtige Stand der touristischen Aktivit�ten zum regionalen Projekt �Reit- und Fahrwege in Mittelholstein“ und deren Einordnung in die aktuelle Forschungs- und Erkenntislage zum Wanderreit-Tourismus werden zum Abschlu� dieser Arbeit gegeben. Am Ende eines jeden Kapitels werden die wichtigsten Erkenntnisse, die in diesem Abschnitt gewonnen wurden, in wenigen, zusammenfassenden S�tzen in Form eines grau unterlegten K�stchens dargestellt. Der Leser erh�lt auf diese Weise im Hinblick auf die Zielsetzung der Arbeit einen guten �berblick �ber die bedeutendsten (Zwischen-)Ergebnisse. Um Zugang zum Thema zu erhalten, wurde ein intensiver Kontakt zu Fachleuten und reittouristischen Organisationen in Deutschland und �sterreich gepflegt. Zu den Experten geh�ren im wesentlichen der Landesverband der Reit- und Fahrvereine in Schleswig-Holstein e.V., die Fremdenverkehrsgemeinschaft Mittelholstein e.V. (FVG), die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN), die regionale Entwicklungsagentur ECO Plus aus Nieder�sterreich, das Wanderreitreferat des Landesfachverbandes f�r Reiten und Fahren in Ober�sterreich sowie der �sterreichische Bundesfachverband f�r Reiten und Fahren. <p> Der fehlende Literaturbestand erwies sich im Laufe der Arbeit als Schwierigkeit. So beschr�nkt sich der vorhandene Bestand an Fachlekt�re lediglich auf die Organisation sowie die praktische Durchf�hrung eines Wanderritts. Wissenschaftliche Untersuchungen �ber den Wanderreit-Tourismus existieren hingegen kaum bzw. sind nicht �ffentlich zug�nglich. Dar�ber hinaus ist das Wanderreiten als touristisches Angebot in Deutschland im Vergleich zu anderen europ�ischen L�ndern noch sehr unterentwickelt (vgl. Kapitel 3.2). Die Ergebnisse der Autorin stellen somit einen ersten Schritt in die tourismuswissenschaftliche Erfassung des Themas dar. Die Begriffe Tourismus und Fremdenverkehr werden im folgenden synonym verwandt. Zudem schlie�t die in der Arbeit verwendete maskuline Form der W�rter Tourist, Urlauber, Reisender, Reiter usw. stets das feminine Pendant ein, falls nicht ausdr�cklich auf die Trennung der Geschlechter hingewiesen wird. |