Die Formen der Verbindung von Bild und Ton, von Auditivem und Visuellem, und die Formen der Darstellung von Musik in audiovisuellen Medien sind eben so zahlreich, wie die Geschichte Ihrer Entwicklungen lang ist. <p> Sie führen u.a. über Versuche der 'Farbmusik' und der damit verbundenen Herstellung von Farbklavieren, Lichtorgeln oder experimentellen Filmen. Sie führen weiter über die Produktion klassischer Spielfilme und Fernsehinszenierungen, in denen musikalische Choreographien, atmosphärische Musikuntermalungen oder die Darstellung musizierender Künstler diese Verbindung ausmachen. Sie führen aber auch über das mittlerweile weltweit sendende Musikfernsehen, mit dem Musikvideo als seiner programmlichen Grundlage. Und letztendlich treten die Verbindungen heute mit der zunehmenden Digitalisierung der Produktions- und Verteilungsprozesse in eine völlig neue Ära ein. <p> Das Musikfernsehen und - insbesondere das Musikvideo - sind dabei allerdings auch Gegenstand vielseitiger und mitunter heftiger wissenschaftlicher Diskussionen. Handelt es sich um Kunst, Kommerz, oder möglicherweise um ein autonomes und visionäres Produkt, das sich zwischen den unterschiedlichen Positionen bewegt? Als Ergebnis künstlerischer und technischer Konzeptionen aus mehr als 100 Jahren und als 'geeignetstes Medium' für die 'ästhetischen Strategien der Synästhetik' (Body 1987, 7-8) betrachtet es zumindest Veruschka Body. <p> Vor dem Hintergrund des Eingangs populärer Musik in audiovisuelle Medien und der Verwendung in neuen digitalen Medien soll dieser Diskussion in der vorliegenden Arbeit ein zentraler Stellenwert zukommen. Die Unerschöpflichkeit des Themas erfordert jedoch zunächst eine Eingrenzung des thematischen Rahmens: Im Blickpunkt stehen die Zusammenhänge populärer Musik und audiovisueller Medien, die sich, so wird die Arbeit zeigen, immer auch an ihrer extremen ökonomischen Ausrichtung definieren lassen. Ökonomische Interessen der Unterhaltungsindustrie spielen nämlich - neben anderen Faktoren - bei allen Formen des Zusammenspiels der beiden Medienformen eine wichtige Rolle. Aus diesem Grund zieht sich die ökonomische Komponente wie ein roter Faden durch die betrachteten Themengebiete, deren Auswahl sich wiederum vor allem aus einer Erkenntnis ergibt: Die Sichtung der Literatur zum Thema 'Populäre Musik in audiovisuellen Medien' offenbarte, dass sich zwar eine unüberschaubare Anzahl von Publikationen zum Thema auf dem Markt befindet, diese sich allerdings immer nur bestimmten Segmenten zuwenden. <p> Das heißt, entweder betrachten Autoren z.B. die geschichtliche Entwicklung der Zusammenhänge von Film, Fernsehen und populärer Musik, besprechen als weitere Möglichkeit den Zwiespalt zwischen künstlerischer Wertigkeit von Musikfernsehen und Musikvideo, oder aber sie beschäftigen sich mit den Entwicklungen der Zusammenhänge von populärer Musik und den neuen Medien. Doch obwohl die ökonomische Komponente so eindeutigen Einfluss auf alle Themengebiete hat, obwohl sie immer den Ausgangspunkt für die Konvergenz der verschiedenen Medienformen darstellt, so ist eine diesem roten Faden folgende Betrachtung der Verhältnisse offensichtlich bisher ausgeblieben. Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht nun eindeutig die Diskussion um den zentralen Konflikt von Kunst und Kommerz im Musikvideo bzw. Musikfernsehen. Doch ohne die Betrachtung der vorhergehenden und nachfolgenden Zusammenhänge, der Geschichte des Eingangs von populärer Musik in audiovisuelle Medien, der Aneignung ebensolch populärer Kulturformen und der Verwendung und der Chancen in den neuen digitalen Medien erscheint diese Diskussion unvollständig. <p> Die vorliegende Arbeit will dem Rechnung tragen.
Noch einige Worte zur Vorgehensweise: <br> Da die Verwendung von Musik im Film viele verschiedene Formen kennt, könnte einerseits nach verschiedenen Filmarten und Genres (Spielfilm, Dokumentarfilm etc.), sowie nach verschiedenen Epochen (Stummfilm, Hollywoodfilm der 1920er - 1950er Jahre) unterschieden werden. Andererseits wäre eine Untersuchung nach verschiedenen Musikstilen bzw. Kategorien (Klassik, Pop, Jazz, Soundtrack) und ihren Einflüssen möglich. Das gleiche gilt für verschiedene Aspekte der Konvergenz von Musik und Fernsehen. Der Rahmen der vorliegenden Arbeit würde jedoch gesprengt, wollte man eine dieses weite Feld abdeckende Untersuchung leisten. Aus diesem Grund wird zunächst jener Teil der Geschichte der Konvergenz zwischen populärer Musik und den Medien Film und Fernsehen besprochen, der aus musikindustrieller Sicht eindeutig den größten Einfluss auf ihren jeweiligen ökonomischen Erfolg hatte. <p> Der Definition von populärer Musik in der Einleitung folgend, setzen die Betrachtungen daher zu dem Zeitpunkt an, da der Rock'n'Roll Eingang in die 'artfremden' Medien Film und Fernsehen fand. Sie widmen sich den Zusammenhängen von populärer Musik und gesellschaftlichen Entwicklungen einmal der 1950er Jahre, aber in einem Exkurs auch der 1980er Jahre. Abschließend erläutern sie die Entwicklung des reinen Musikfernsehens. <p> Aufgrund ihrer herausragenden Rolle hinsichtlich popmusikalischer Entwicklungen und der Vernetzung der verschiedenen Unterhaltungs-branchen soll dies zunächst am Beispiel der Entwicklungen in den USA erfolgen. Die Diskussion um die Positionierung von Musikvideos und Musikfernsehen zwischen Kunst und Ökonomie und das Verhältnis von Audio zu Visuellem bilden den Kern der Abhandlung. Zentraler Konflikt dieser Diskussion ist, wie Dahlhaus es ausdrückt, die Offenkundigkeit, dass: '[..] 'Avantgarde' und 'Popularität' [...] die Stich- und Schlagwörter gegensätzlicher musikalischer oder musikpolitischer Parteien sind' (Dahlhaus 1975, 9). Anhand verschiedener Stichworte, die den Rahmen zur Diskussion bilden (u.a. Politik, Technik, Codes), wird versucht, Licht in das Dunkel der Verhältnisse zu bringen und zu klären, ob tatsächlich der extrem ökonomische Impuls zur Produktion von Musikfernsehen und Musikvideos einen gleichzeitigen künstlerischen Anspruch zersetzen und zerstören kann, oder ob er diesen nicht sogar fördert. <p> Eine anschließende Diskussion um Rezeptions- und Aneignungsweisen beim 'Konsum' populärkultureller Produkte vor dem Hintergrund der Cultural Studies, soll eine noch weitergehende Klärung des ökonomischen Machteinflusses ermöglichen. Dies geschieht am Beispiel des seit 20 Jahren erfolgreichen Pop-Produktes Madonna. Digitale Techniken verändern seit einigen Jahren massiv die Art und Weise gesellschaftlicher Kommunikation. So beginnt sich auch das Zusammenspiel von Musik und Bildschirmmedien neu zu ordnen. Der letzte Teil sucht daher nach der Zukunft und den Möglichkeiten der Musikindustrie vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen. Er stellt die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten in digitalen Medien dar; er stellt aber ebenso die Frage in den Mittelpunkt ob die beschriebenen Angebote und Nutzungsweisen überhaupt auf die Gesellschaft übertragbar sind, bzw. Anwendung finden. <p> Die Frage wird auch hier sein, in welchem Verhältnis der Einfluss der Ökonomie (in diesem Fall der Unterhaltungsindustrie) zum Verhalten der Menschen steht Wird der Konsument wirklich zum aktiven User werden der wiederum Voraussetzung zur Umsetzung aller theoretischen Modelle der Industrie ist? Noch sind dies Prozesse in vollem Gange, doch sollen sie hier schon einmal in Vergleich gesetzt werden.
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