In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, ob die Aufspaltung der früheren Art L. sinapis L. in zwei distinkte Arten gerechtfertigt ist. Folgende Ergebnisse konnten gefunden werden: <p> L. reali und L. sinapis sind in der Morphologie der Falter statistisch signifikant voneinander zu trennen: · Anhand von Ei, Raupe, Präpuppe und Puppe ließen sich über Färbung, Oberflächenstruktur und Größe keine morphologischen Unterschiede zwischen L. sinapis und L. reali ausmachen. <br> · Über die Flügelzeichnung ist eingeschränkt eine Determination der beiden Arten möglich. Die Arten unterschieden sich signifikant in der Häufigkeit des Vorkommens bestimmter Zeichnungselemente, wobei sich nur extreme Merkmalsausprägungen als Bestimmungsmerkmale eignen. In der Regel war L. reali stärker pigmentiert als L. sinapis. <br> · Anhand der Ductus-bursae-Längen konnten die weiblichen Falter eindeutig L. sinapis oder L. reali zugeordnet werden. Nicht immer zweifelsfrei war die Bestimmung der Männchen über Aedoeagus und Saccus möglich. Es konnten sowohl eine signifikante Abhängigkeit der Genitallängen von der Körpergröße als auch signifikante Unterschiede in den Genitallängen zwischen Zucht- und Freilandtieren festgestellt werden. Eine Körpergrößenkorrektur der Genitallängen erbrachte keine Verbesserung in der Trennung beider Arten. <br> · Die weiblichen Nachkommen eines Falters waren morphologisch immer korrekt derselben Art wie ihr Muttertier zuzuordnen. Bei den männlichen Nachkommen gab es teilweise eine Diskrepanz zwischen genetischer Zugehörigkeit (Muttertier) und morphologischer Diagnose. Aufgrund der extrem längeren bzw. kürzeren Genitallängen (außerhalb des zufälligen Vorkommens im Rahmen der allgemeinen Variabilität) und aufgrund der Häufung solcher falsch zu bestimmender Tiere innerhalb von Verwandtschaftsgruppen, wird vermutet, daß eine Introgression fremden Erbgutes möglich gewesen sein könnte. · Bei der Form der Ventralplatten gab es eine zwischen den Arten signifikant unterschiedliche Häufigkeitsverteilung. · Eine für männliche Falter durchgeführte Diskriminanzanalyse machte deutlich, daß der Aedoeagus das geeignetste Bestimmungsmerkal ist. Trotz der Kombination aller untersuchten morphologischen Merkmale konnten nicht alle Männchen sicher determiniert werden. Es gibt sehr gute Evidenz dafür, daß L. sinapis und L. reali zwei distinkte Arten sind: <br> · Verpaarungsversuche in einem großen Flugkäfig zeigten, daß nicht die Männchen, aber die Weibchen bei der Partnerwahl zwischen den Arten diskriminierten. Des weiteren traten ausschließlich intraspezifische Kopulationen auf. <br> · Die Möglichkeit der Aufspaltung beider Arten durch sexuelle Selektion und Weibchenwahl wird diskutiert. Geringfügige ökologische Unterschiede beider Leptidea-Arten konnten gefunden werden: <br> · Bei Haltungsbedingungen von 25 °C und einem 16:8 h Licht:Dunkel-Tageszyklus schlüpften die Raupen beider Arten nach knapp 5 Tagen aus dem Ei. Die Larven benötigten in etwa 15 Tage, bis sie sich zur Puppe häuteten. Die Puppenruhe dauerte (bei direkter Entwicklung) ca. sieben bis acht Tage, wobei sich hier einerseits die Geschlechter und andererseits auch die beiden Arten signifikant voneinander unterschieden. <br> · Die Weibchen beider Arten wurden in der Regel schwerer als die Männchen. Des weiteren benötigten die Weibchen länger für ihre Entwicklung, aber in der Wachstumsrate konnte kein Unterschied zwischen den Geschlechtern festgestellt werden. <br> · Für beide Leptidea-Arten galt dieselbe Rangfolge der Pflanzenarten in bezug auf deren entwicklungsphysiologische Qualität (gemessen über erreichte Viertlarvalstadien- und Präpuppengewichte, Entwicklungsdauer, Wachstumsrate und Mortalität der Raupen): Lotus corniculatus war die hochwertigste Pflanzenart, gefolgt von den relativ gleichwertigen Arten Lathyrus pratensis und Vicia cracca und an letzter Stelle Medicago sativa. <br> · In Futterwahlversuchen mit Raupen im vierten Larvalstadium wählten die Tiere häufig L. corniculatus und L. pratensis und nicht ganz so oft V. cracca. M. sativa wurde fast gar nicht angenommen. Diese Rangfolge galt für beide Leptidea-Arten gleichermaßen und stimmte mit der Rangfolge der Pflanzen in bezug auf deren entwicklungsphysiologische Qualität überein. <br> · Bei Eiablage-Wahlversuchen zeigte sich für die Leptidea-Arten eine unterschiedliche Rangfolge der Pflanzenarten: <br> L. sinapis bevorzugte L. corniculatus gegenüber V. cracca und L. pratensis und wählte nur selten M. sativa. L. reali dagegen bevorzugte L. pratensis und L. corniculatus gegenüber V. cracca und nutzte ebenfalls nur selten M. sativa. Beide Leptidea-Arten unterschieden sich signifikant in der Häufigkeit der Nutzung von L. corniculatus und L. pratensis. <br> · Die Leptidea-Arten unterschieden sich nicht bezüglich der Phänologie und traten teilweise syntop auf. <br> · L. sinapis konnte in der Fränkischen Schweiz und in der Würzburger Umgebung gefangen werden, aber nicht in der kühleren engeren Bayreuther Umgebung. |